Reformationstag 2016

„Lass das mal den Papa machen..."
Verzweifelt saß der junge Mann in seiner Zelle. Gequält von Ängsten. Dieser Martin Luther war kein Held. Im Gegenteil: ein Häufchen Elend, zerfressen vom Schrecken vor dem Jüngsten Gericht. Er war sich ganz sicher: Der heilige Gott würde ihm den Prozess machen. Er würde geradestehen müssen für alle Sünden – ohne Aussicht auf Freispruch. Der gepeinigte Augustinermönch sang kei-ne Spaß-Lieder von „Stromberg". Gefragt, wie es ihm geht, war seine Antwort nicht: „Läuft!" Er ging nicht davon aus, dass der liebe Gott schon fünfe gerade sein lässt. Gott ist heilig und er selbst ein Verlorener!

 

Doch dann kam die große Veränderung – wie die Befreiung aus einem Gefängnis. Luther macht die Entdeckung, dass Gott nicht der allmächtige Richter ist, sondern der gnädige Gott, den es rührt, wenn seine Menschen geplagt sind von Schuld und Gewissensbissen. Es rührt Ihn so sehr, dass Er sich persönlich für mich einsetzt, damit mein Gewissen frei wird und ich aufatmen kann. In der Bi-bel fand er es schwarz auf weiß, wenn auch noch nicht in seiner Muttersprache: Gott ist barmher-zig! Er ist in Jesus Christus Mensch geworden, damit niemand verzweifeln muss, sondern alle wis-sen dürfen: Da, in diesem Mann am Kreuz, steht der heilige Gott ganz auf meiner Seite!

Luther führte diese frohe Botschaft aus dem Tal der Tränen auf die Gipfel der größten Freude. Das Kreuz wurde ihm zum Zeichen der Gnade Gottes, der ihm Vergebung schenkt, ihn nicht nach sei-nen bösen Taten verurteilt. Das krempelte sein Leben um. Statt zerbrochen am Boden zu liegen machte er Luftsprünge und kämpfte mit großem Mut dafür, dass alle Menschen diese wunderbare Botschaft erfahren. Jeder sollte mit den eigenen Augen von Gottes Liebe lesen können. Deshalb hat er in einem Mammutprojekt die Bibel übersetzt – bis heute prägt die Lutherbibel unsere deut-sche Sprache, weil er die besten und klarsten Worte gesucht und gefunden hat.

Martin Luther hat noch etwas entdeckt: Gott ist nicht fern, sondern der allmächtige Gott ist „unser Vater". Das „Vaterunser"-Gebet gehörte zu den bahnbrechendsten Entdeckungen der Reformati-onszeit: Wir dürfen den heiligen Gott „Vater" nennen; und nimmt man den Urtext der Bibel ernst, sogar „Papa"! Wir dürfen also mit allen Sorgen und Freuden zu Ihm kommen. Wir müssen keine Angst vor Ihm haben, sondern können uns so vertraut an Ihn wenden, wie an einen guten Vater auf Erden. Deswegen lässt sich – ein bisserl salopp – die zentrale Botschaft der Reformation so zu-sammenfassen:
Lass das mal den Papa machen!

J. Kühn

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